Verhaftungswelle 1936/ 1937
1936/37 hatte eine große Verhaftungswelle einen Teil der SPD-Anhängerschaft erfasst und in wenigen Tagen wurden 58 Mitglieder der Organisation in Neckarstadt, Käfertal, Waldhof und Rheinau Opfer der politischen Verfolgung. Unter ihnen waren auch Karl Eichhorn, Karl Eichstädter, Viktor Emil Hinterberger, Adolf Brüstle, Paul Laas und August Rosenzweig. Damit war das Gerüst der konspirativen Verbindungen zusammengestürzt. In 8 Prozessen wurden die Urteile gefällt. Es war dem 2. Senat des Volksgerichtshofs jedoch nicht möglich, über weitere Mitbeteiligte, insbesondere auch über die Nachrichtenempfänger, Informationen zu erhalten. Jakob Ott gelang noch kurz vor seiner bevorstehenden Verhaftung die Flucht nach Frankreich. Beim Einmarsch der deutschen Truppen wurde er dort verwundet und unter falschem Namen als französischer Kriegsgefangener zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt! Welch ein Schicksal. Nach dem Krieg war er langjähriger Sekretär der SPD in Mannheim und von 1948 bis zu seinem Tod 1966 als Stadtrat aktiv.
Ein besonders tragisches Schicksal traf auch Gustav Dieter, SPD- und Reichsbannermann. Er war schon 1933 für kurze Zeit, wegen enger Zusammenarbeit mit Karl Mayer und Hartmut Hummel, die in vorderster Front des Mannheimer Widerstandskampfes standen, in „Schutzhaft“. 1935 wurde er zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt. Er starb am 18. März 1936 im Alter von 30 Jahren in der Strafanstalt Bruchsal unter ungeklärten Umständen. Wenige Tage vor seinem Tod hatte ihn noch ein Verwandter besucht und völlig gesund angetroffen. Seine Familie bekam keine Mitteilung über eine etwaige Erkrankung. Seine Leiche wurde unbekleidet nach Mannheim gebracht, sie war geöffnet worden, der Brustkorb war lediglich mit einer Schnur zusammengebunden, so berichtete im Juli 1969, Frau Anna Dieter.
Karl Mayer, von 1946-1962 Mannheimer Stadtrat, wurde 1935 zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1941 musste er trotzdem im berüchtigten Strafbataillon 999 (Himmelfahrtskommando) Kriegsdienste leisten, bis er nach Kriegsende von englischen Truppen befreit wurde.
Die genannten sozialdemokratischen Persönlichkeiten stehen für viele ungenannte, die in mehr oder weniger exponierten Funktionen gegen die NS-Diktatur tätig waren. Sie alle trugen dazu bei, über die Jahre der Barbarei hinweg die moralischen, kulturellen und politischen Traditionen zu bewahren, die nach der Katastrophe des „Dritten Reiches“ einen glaubwürdigen demokratischen Neuanfang erst ermöglichten. Zu den Frauen und Männern der „ersten Stunde“ gehörten die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Sie bauten die Parteiorganisation wieder auf und stellten sich als Bürgermeister, Stadträte, Abgeordnete und Funktionäre zur Verfügung.
Einige besonders bekannt gewordenen Personen sollen hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit erwähnt werden, wenn es auch nicht möglich ist, ihr Wirken im einzelnen zu beschreiben: Willy Aspenleiter, Richard Böttger, Karl Breiling, Adolf Brüstle, Dr. Fritz Cahn-Garnier, Karl Eichhorn, Albert Erny, Georg Gräber, Friedrich Erfurt, Ferdinand Kramer, Franz Lockemann, Jakob Ott, Jakob Trumpfheller, Prof. Walter Krause und Willi Vöhringer.
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