Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Beispiel Jakob Baumann

Wie gefährlich und oft von Zufällen abhängig die illegale Widerstandsarbeit war, lässt sich am besten an Hand von einigen Episoden ermessen. Das Beispiel Jakob Baumann soll für viele stehen.

Jakob Baumann, Vater der späteren Stadträtin Hilde Baumann, war Betriebsratsvorsitzender bei Heinrich Lanz und wurde wegen seiner politischen Überzeugung entlassen und 1934 verhaftet. Er war von 1930–1933 auch Stadtverordneter der SPD. Die Verbitterung darüber weckte und stärkte seinen Widerstandswillen. Er gehörte 1935 zu den Delegierten einer Gewerkschaftstagung in Luxemburg und betätigte sich im Führungskreis der sozialdemokratischen Widerstandsarbeit. Nach Jakob Ott und Karl Mayer war er Bezirksleiter der illegalen sozialdemokratischen Organisation in Baden. Mit Hans Heilig traf er sich öfter in dessen Wohnung und im „Keglerheim“ zu geheimen Treffen. Heilig hatte das Druckschriftenlager für ganz Baden-Pfalz-Hessen zu verwalten und war einer der wichtigsten Verteiler von antifaschistischen Flugblättern, Zeitungen und sonstigen Schriften. Mehrere unglückliche Zufälle führten zur Verhaftung von Jakob Baumann, Hans Heilig und Richard Houssong, einem Kurier aus dem Saarland.

Ein Stuttgarter Funktionär, Wilhelm Braun, seit März 1935 inhaftiert, konnte während einer Zeugenvernehmung fliehen. Er begab sich zu Hans Heilig und sollte so rasch wie möglich über die Grenze gebracht werden. Zusammen mit Jakob Baumann beschaffte Heilig neue Kleidung und ließ Braun schminken. Baumann nahm ihn mit nach Hause, Hans Heilig ging in seine Wohnung. Da er schon länger verdächtigt wurde, hatten Polizeibeamte möglicherweise im Zusammenhang mit Brauns Flucht bei ihm eine Kontrolle durchführen wollen. Ein bei ihm geparktes Motorrad führte auf die Spur zu Jakob Baumann. Ein Polzeikommando raste nach Neckarau und entdeckte dort den geflüchteten und gesuchten Wilhelm Braun.

Unglücklicherweise sollte an diesem Tag auch noch Richard Houssong mit einer Materialsendung aus dem Saarland ankommen und von Jakob Baumann am Bahnhof Ludwigshafen abgeholt werden. Als dieser am Bahnhof nicht erschien, fuhr Houssong zu Baumann und wurde dort, samt seiner etwa 1.500 Exemplare der „Sozialistischen Aktion“ (einer antifaschistischen Zeitung) und etwa 3.000 Streuzetteln im Gepäck, von den Gestapobeamten prompt in Empfang genommen.

Jakob Baumann wurde bei Kriegsende von amerikanischen Truppen aus dem KZ Ludwigsburg befreit. Von 1946-1948 war er Stadtrat und Mitglied des SPD-Kreisvorstands. Er starb 1951. Hans Heilig verbüßte 7 Jahre im KZ und ist 1973 gestorben. Richard Houssong war 5 Jahre lang inhaftiert. Da er in Neunkirchen/Saar wohnte, ist über ihn leider nicht mehr bekannt geworden.

Der Umfang der Verteilerorganisation blieb lange verborgen. Immer wieder waren Zufälle im Spiel. Ein Motorradunfall des Kuriers Friedrich Kirn 1934 auf der Strecke Landau – Ludwigshafen verschaffte der Gestapo die Gelegenheit, in der Region Mannheim/ Heidelberg/Pfalz einige Verbindungen und Kurierwege aufzudecken. Kirn hatte nämlich Propagandamaterial in seinem Gepäck. So wurde 1934 u.a. auch Franz Lockemann, später Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Waldhof, nach einer Hausdurchsuchung verhaftet und wegen Besitz von illegalen Druckschriften zu einer 1 1/2jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Vorher wurde der Angestellte der städtischen Straßenbahn ebenfalls entlassen.

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Geleitwort
Vorwort
Hohe Arbeitslosigkeit
Reichstagswahlen
Uneinigkeit der demokratischen Parteien
Verfassung außer Kraft
"Säuberungsaktion" in Mannheim
Reichsbanner
Erste antifaschistische Aktivitäten
Beispiel Jakob Baumann
Jakob Baumann
Das Urteil
Verhaftungswelle 1936/ 1937
SAP
"Neu Beginnen"
KPD
Denunziation in der Familie
Widerstand in Waldhof
Die Gruppe Gartenstadt
Die Lechleiter-Gruppe
"Druckerei" im Keller
Die Kirchen
Die Katholiken
Arbeiter- und Gesellenvereine
August Kuhn
Der Protestantismus
Dr. Karl Gérard
Zeugen Jehovas
Bekannte Widerstandsguppen
Sinti, Roma, Juden
Der 20. Juli 1944
Schlusswort
Quellen und Literaturverzeichnis