Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Der Blick in die Vergangenheit weist in die Zukunft

Ausstellung „Widerstand gegen des Nationalsozialismus“ des Bürgerverein Gartenstadt im ehemaligen Kino am Freyaplatz

Neben den berühmten Satz von Pastor Martin Niemöller „Als die Nazis die Kommunisten holten...“ steht in der Ausstellung „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ das Plakat, auf dem die Box – Weltmeisterin Regina Halmich sich gegen Ausländerfeindlichkeit ausspricht. Mit dem Blick in die Vergangenheit soll also auch der Blick für die Gegenwart und die Zukunft geschärft werden, Unter Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Gerhard Widder zeigt der Bürgerverein Gartenstadt vom 7. September bis 5. Oktober im ehemaligen Kino am Freyaplatz die Ausstellung, die liebevoll und kompetent von Walter Pahl und Marie – Luise Zürcher gestaltet, im ehemaligen Kino am Freyaplatz den Sinn schärfen soll für die Demokratie und Menschen, die dafür einstehen. Dass in der Gartenstadt der Widerstand gegen den Nationalsozialismus besonders ausgeprägt war, daran erinnert der Philip Brunnemer Weg ebenso wie die Gedenktafel an Jakob Faulhaber in der Heidestraße. Immer wieder aber stieß Marie – Luise Zürcher bei ihrer Arbeit für die Geschichtswerkstatt des Bürgervereins Gartenstadt auf Hinweise auf den Widerstand. Marie – Luise Zürcher und Walter Pahl gingen der Geschichte auf den Grund und gestalteten eine Ausstellung, die breite Aufmerksamkeit verdient.

Chronologisch und in Sachzusammenhängen ist die um zahlreiche anschauliche Exponate bereichert, schildert die Ausstellung auf zahlreichen Tafeln das Wachsen des Nationalsozialismus und das Umfeld der 30er Jahre. Wahlplakate stimmen in diese Zeit ein. Sie dokumentieren schlaglichtartig die Wirtschaftkrise jener Zeit und die wachsende Arbeitslosigkeit. Die Arbeiterküche in den 30er Jahren ist karg ausgestattet. Die Menschen haben die Folgen des 1. Weltkriegs ebenso zu tragen wie diejenigen der Inflation und der Wirtschaftskrise. Wenngleich die Politiker der Weimarer Republik wesentliche Impulse setzten oder vorzeichneten, etwa den Autobahnbau oder den Bau von – für die Gartenstadt auch typischen – Siedlungshäuser, die Nationalsozialisten gewannen bei den Wahlen im Reich immer mehr an Boden. Die Wahlbezirke in Waldhof / Gartenstadt bildeten hierbei eine bemerkenswerte Ausnahme.

Wohin die Reise unter den Nationalsozialisten gehen würde, wird nachdrücklich veranschaulicht. Auszüge aus „Mein Kampf“ weisen auf den 2. Weltkrieg hin, die Aufhebung des Rechtsstaats zeigt den Weg in die Diktatur.

Wie die Durchdringung der Bevölkerung funktionieren soll, dafür ist die Gartenstädter Waldschule ein interessantes Beispiel. Zur Nazi – Zeit nach einem HJ – Jungen „Herbert Norkus Schule“ benannt, ist sie eine Musterschule der Nationalsozialisten, in der die Menschen doktriniert werden sollen.

Auch den Lebensbereich Kunst durchdringen die Nationalsozialisten mit Brachialgewalt. Eindrucksvoll wird in der Ausstellung dokumentiert, wie viele, wie bedeutende Werke von Dix über Marc und Heckel aus der Mannheimer Kunsthalle als „entartet“ entfernt wurden. Symbolträchtig neben den Kopien der verlorenen Weltkunstwerke finden sich Linolschnitte von Franz Kammigan – entstanden im KZ im Jahre 1935.

Der Widerstand spiegelt sich in vielen Beispielen und Hinweisen wieder. Traditionsfahnen und Standaten sozialdemokratischer Organisationen, teilweise abenteuerlich versteckt über die Nazis – Zeit gebracht, sind Beweise, dass viele Menschen heimlich noch der Demokratie und den Menschenrechten anhingen. Schreibmaschinen und Vervielfältigungsapparat, aber auch der Setzkasten von Georg Lechleiter, bezeugen den Willen zu aktivem Widerstand.

Die Menschen, die diesen Widerstand leisteten, werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – vorgesellt. Dies geschieht mit menschlichen Attributen, etwa mit Abschiedsbriefen, mit dokumentierten Geschichten und Hinterlassenschaften, etwa der Uhr von Rudolf Langendorf.

Eine Stärke der Ausstellung ist, dass sie nicht polarisiert, sondern integriert: Die Widerstandsgruppen werden ungeachtet ihrer politischen, religiösen oder weltanschaulichen Herkunft gewürdigt. Kommunisten, Sozialdemokraten, Christen, Juden, Sinti und Roma etc. finden gleichermaßen ihre Würdigung. Die menschliche Dimension der Ausstellung wird besonders deutlich in Holzspielzeug, das Häftlinge des KZ – Außenlagers Sandhofen herstellten. Unweit davon erinnert ein Luftschutzbett an das Leid, das die gesamte Bevölkerung betraf und symbolisieren Koffer den millionenfach erzwungenen Aufbruch – meist in den Tod.

Eine Folge des Wahnsinns war Zerstörung. Mannheim lag in Schutt und Asche; viele Häuser in der Gartenstadt waren zerstört. Engagierte Menschen, oft solche, die in weitestem Sinne Widerstand geleistet hatten, machten sich an den Wiederaufbau von Stadt und Land.

Mit dem Wiederaufbau freilich endet die Ausstellung nicht. Sie weist in die Gegenwart und in die Zukunft, fordert Mut zum Einstehen für die Demokratie und die Menschenrechte.

Dank gebührt zahlreichen Museen und Privatleuten für die Überlassung von Dokumenten und Exponaten.

Begleitet wird die Ausstellung durch zahlreiche Sonderveranstaltungen.

Der Bürgerverein Gartenstadt dankt Marie – Luise Zürcher und Walter Pahl für eine exzellente Ausstellung, die leider nur bis 5. Oktober zu sehen sein wird – bei den Besuchern aber darüber hinaus wirken wird.

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